Von 2,4 Milliarden Euro Mitteln für den Hochwasserschutz wurden seit 2002 nur 0,4 Prozent für die Schaffung von Überschwemmungsflächen ausgegeben

(2016-224) Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag kritisiert den marginalen Stellenwert der Schaffung von Überschwemmungsflächen im Hochwasserschutz Sachsens.
Wolfram Günther, umweltpolitische Sprecher der GRÜNEN-Fraktion, stützt sich dabei auf aktuelle Antworten von Innenminister Markus Ulbig und Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf zwei Kleine Anfragen von ihm.

„Spätestens seit dem verheerenden Hochwasser im August des Jahres 2002 ist klar: Wir brauchen mehr Überflutungsflächen. Technische Bauten allein verschieben die Flut nur auf die Unterlieger. Die Bekenntnisse der verschiedenen Staatsregierungen zu natürlichem Hochwasserschutz scheinen aber nur Floskeln zu sein. Es ist bitter nötig, den Flüssen mehr Raum zu geben. Die Realität im Freistaat ist leider eine andere.“

„Von insgesamt 2,4 Milliarden Euro Mitteln für den Hochwasserschutz wurden seit 2002 mit 9,5 Mio. Euro nur 0,4 Prozent für die Schaffung von Überschwemmungsflächen entlang der sächsischen Gewässer eingesetzt“, erläutert Wolfram Günther weitere Ergebnisse seiner Anfragen. „Das ist ein viel zu geringer Anteil. Immerhin werden hier Steuergelder in Milliardenhöhe eingesetzt. Der technische Hochwasserschutz wird trotz der Erfahrungen der jüngsten Flut weiter klar bevorzugt. Das nötige Umsteuern in Richtung nachhaltigen Hochwasserschutz fehlt. Natürliche Auenflächen sind die besten Hochwasserschutzflächen. Selbst für Hochwasserrückhaltebecken wurden nur 131 Mio. Euro ausgegeben und damit nur reichlich 5 Prozent der sächsischen Hochwasserschutz-Gelder.“

In den sächsischen Hochwasserschutzkonzepten für die Elbe und die sächsischen Gewässer 1. Ordnung waren nach den Hochwasserereignissen 2002 insgesamt 49 Maßnahmen mit einem Gesamtumfang von 7.500 Hektar Überflutungsflächengewinn vorgesehen. Dies betraf Deichrückverlegungen und einige neu zu schaffende Polder (siehe dazu Drs 5/3943 aus 2010).

„Gemäß den aktuellen Antworten auf meine Anfragen hat sich die Staatsregierung von etlichen Projekten verabschiedet und plant jetzt nur noch 39 Maßnahmen. Damit reduziert sich die geplante Überflutungsfläche von einst 7.500 Hektar auf nur noch 5.650 Hektar. Bis jetzt sind selbst davon aber erst sieben Maßnahmen mit 260 Hektar Flächengewinn umgesetzt. Dies entspricht nur 3,5 Prozent der im Jahre 2010 noch geplanten 7.500 Hektar“, erläutert der Abgeordnete.

„Angesichts der Gefahr erneuter Hochwasser leuchtet mir die Reduzierung der ursprünglichen Zielstellung um ein Drittel und das Schneckentempo der Realisierung überhaupt nicht ein. Das ist mehr als irritierend. Ich erwarte, dass der Umweltminister diese einschneidenden Veränderungen der Öffentlichkeit erläutert. Ich will wissen, wieso 14 Jahre nach der Flut 2002 erst sechs kleinere Deichrückverlegungen Eilenburg (Landkreis Nordsachsen), Sermuth (Landkreis Leipzig), Crossen (Landkreis Zwickau), Brischko (Landkreis Bautzen), Dörgenhausen (Landkreis Bautzen) und Flöha (Landkreis Mittelsachsen) sowie ein Polderbauwerk (Umverlegung Weißer Schöps, Landkreis Görlitz) fertig sind. Beim technischen Hochwasserschutz wurde erkennbar mehr auf das Tempo gedrückt und keinerlei Kosten gescheut“, kritisiert Günther.
Von den weiteren durch die Staatsregierung aufgeführten 32 geplanten Maßnahmen ist aktuell lediglich eine einzige weitere im Bau. Dabei handelt es sich um den Polder bei Löbnitz im Landkreis Nordsachsen.

» Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Finanzielle Ausgaben für vorbeugenden Hochwasserschutz in Sachsen zwischen 2002 und 2016‘ (Drs 6/5575)

» Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Stand der realisierten Deichrückverlegungen 2002 bis 2016 − Vorbeugender Hochwasserschutz in Sachsen‘ (Drs 6/5576)

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