Denkmalabrisse/Stadt Leipzig − Seit 2000 wurden 800 Denkmale abgerissen, darunter 25 Prozent aller technischen Denkmale

(2016-223) In der Stadt Leipzig sind in den letzten 15 Jahren ca. 800 Kulturdenkmale abgerissen worden. Ganz besonders gefährdet sind dabei die technischen Denkmale. Das geht aus den Antworten von Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf Kleine Anfragen des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) hervor.
„25 Prozent aller Leipziger technischen Denkmale wurden seit 2000 abgerissen. Gab es vor 15 Jahren noch 649 technische Denkmale waren es am 30.06.2016 nur noch 486“, stellt Wolfram Günther, Sprecher für Denkmalschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, fest.

„Die Größenordnung dieses unwiederbringlichen Verlusts an gebauter Kultur ist erschreckend. Die Stadt Leipzig hat damit ein gewaltiges Entwicklungspotenzial verloren. Leipzig weist einen großen Reichtum an Bauzeugnissen vergangener Epochen auf, deren Bewahrung von hoher gesellschaftlicher Bedeutung ist. Die Stadt Leipzig verfügt mit 14.055 Denkmalen aktuell über den zweithöchsten Denkmalbestand in Sachsen. Doch der Abrisstrend hält auch in Leipzig an.“

„Aktuell liegen in der Stadt Leipzig bereits sieben weitere Genehmigungen für den Abriss bzw. Teilabriss weiterer Kulturdenkmale bzw. einzelner Gebäudeteile vor. Genehmigungen für Abrisse bzw. Teilabrisse liegen nach Angaben des Innenministeriums für die Objekte Wassermühle Dölitz, die ehemalige Buchbinderei in der Oststraße 24/26, die ehemalige Buchbinderei in der Albert-Schweitzer-Str. 10 (alles technische Denkmale) sowie den Gasthof in der in der Bornaischen Str. 170/172 sowie die Wohnhäuser in der Friederikenstraße 3, der Langen Reihe 17 und der Russenstr. 46. Auch für die ehemalige Buchdruckerei im Täubchenweg 17 liegt bereits ein Antrag auf Abriss vor, der zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht genehmigt ist.“ (*)
„Zusätzlich gefährden Brandstiftungen bisher noch unsanierte Denkmale. So gab es allein sechs Brandstiftungen innerhalb eines Jahres bei der ehemaligen Heeresbäckerei in der Olbrichtstraße.“

„Die Staatsregierung vernachlässigt beim Denkmalschutz mitunter selbst ihre Vorbildrolle“, bemängelt der Abgeordnete. „In den letzten zehn Jahren wurden nach Aussagen des Innenministers 23 Denkmale, die sich im Besitz des Freistaates Sachsen befanden, abgerissen. Für weitere sechs Denkmale im Besitz des Freistaates liegen aktuell Abrissgenehmigungen vor.“

„In Sachsen befinden sich heute trotz der Rettung zehntausender Kulturdenkmale ganze Denkmalgruppen in einem dramatischen Zustand. Dies betrifft sowohl städtische Wohnhäuser, ländliche Anwesen als auch zunehmend die technischen Denkmale. Hier fehlt es an ausreichender finanzieller Förderung zum Erhalt“, kritisiert Wolfram Günther.

„Vor allem engagierte, private Denkmaleigentümer werden mangels ausreichender Förderung allein gelassen. Schon jetzt reichen die Zuschüsse nicht, um für wichtige Denkmale zumindest ein Minimum an Förderung bereitzustellen. Wenn aber weder saniert noch gesichert werden kann, drohen Verfall und Abriss. Diese Entwicklung muss dringend korrigiert werden. Sonst verschwinden allmählich immer mehr historische Bauten aus dem Ortsbild und letztlich auch aus unserem Gedächtnis.“

Aktuell bündeln sich aus Sicht des Abgeordneten beim Denkmalschutz mehrere besorgniserregende Entwicklungen:
„Die Überalterung und die drastische Reduzierung der Personalstellen im Landesamt für Denkmalpflege, gefährdet in hohem Maße den Fortbestand der bisher höchst verdienstvollen Arbeit der staatlichen Denkmalpflege in Sachsen. Seit dem Jahr 2000 wurden die Personalstellen im Landesamt von 62 auf heute nur noch 48 heruntergefahren“, so Günther. „Diese Reduzierung der Stellen um 23 Prozent ist aber erst der Anfang. Mittlerweile liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten bei stolzen 53,2 Jahren. Mehr als ein Viertel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist dabei über 60 Jahre alt. Das bedeutet im Klartext, dass ca. 20 Stellen bis 2022 altersbedingt frei werden. Auch die unteren Denkmalschutzbehörden in den Kommunen und Landkreisen sind personell unterbesetzt und arbeiten am Rande ihrer Leistungsfähigkeit.“

» Antwort des Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Abriss von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden in der Stadt Leipzig‘ (Drs 6/5578)

» Antwort des Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Abriss von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden in Besitz des Freistaates Sachsen‘ (Drs 6/5577)

» Antwort des Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Kulturdenkmal ehemalige Heeresbäckerei in der Leipziger Olbrichtstraße‘ (Drs 6/5579)

» Antwort des Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Stellenbedingte zunehmende Arbeitsunfähigkeit und Personalentwicklung seit 2000 am Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (LfD)‘ (Drs 6/3650)

 

(*) Die Pressemitteilung wurde am 08.08.2016 geändert, da das sächsische Inneministerium die Kleine Antfrage des Abgeordneten Wolfram Günther zum Veröffentlichungszeitpunkt nicht vollständig beantwortet hatte.

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