Studie legt nahe, dass eine Vielzahl sächsischer Kleingewässer mit Glyphosat bzw. dessen Abbauprodukt belastet ist

Foto: Pixabay.comStudie zur Pestizidbelastung von Kleingewässern – GRÜNE: Auch Fließgewässer und Badesee betroffen

Dresden. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag hat eine Studie zur Pestizidbelastung von Kleingewässern vorgelegt. In lediglich fünf der 17 beprobten Gewässern wurden laut der vom Umweltinstitut Leipzig e.V. durchgeführten Studie keine Funde über der Nachweisgrenze festgestellt. In sechs Gewässern wurden Einzelgrenzwerte überschritten.
 
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In zwölf Gewässern und damit besonders häufig wurde zudem das umstrittene Pflanzengift Glyphosat sowie dessen Abbauprodukt AMPA nachgewiesen. Glyphosat wurde von der Krebsforschungsagentur der WHO (IARC) als >>wahrscheinlich krebserregend<< für Menschen eingestuft.
 
Für Wolfram Günther, umwelt- und landwirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion, ist dies mehr als ein Alarmsignal: „Die Ergebnisse der Studie lassen darauf schließen, dass eine Vielzahl sächsischer Kleingewässer mit Glyphosat bzw. dessen Abbauprodukt belastet ist.“
 
Mit vier verschiedenen Substanzen in einem Gewässer fällt das Probeergebnis des Dippelsdorfer Teiches bei Moritzburg (Lkr. Meißen) besonders negativ aus. In dem unter Naturschutz stehenden Badeteich wurden Rückstände von Glyphosat, AMPA, Terbuthylazin und Diethyltoluoamid gefunden.
„Zwar sind die gefundenen Konzentrationen im einzelnen nicht hoch, doch welche Wirkungen die Kombination verschiedener Pestizide auf Gesundheit und Ökosystem haben, ist bisher noch nicht ausreichend erforscht worden. Diese Substanzen haben deshalb in Badegewässern nichts zu suchen“, fordert Günther.
„Außerdem ärgert es mich maßlos, dass ein unter Schutz stehendes Gewässer durch Schadstoffeinträge aus der Landwirtschaft verunreinigt wird. Damit werden Vögel sowie Insekten und Amphibien geschädigt.“
 
Die höchste Glyphosat-Belastung wurde mit 0,66 μg/l im Schlossteich Königsfeld im Nordwesten des Landkreises Mittelsachsen nachgewiesen. „Der Schwellenwert für Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte liegt laut Grundwasserverordnung bei 0,1 μg/l“, erläutert Günther. „Dieser Grenzwert wird im Schlossteich um mehr als das sechsfache überschritten.“
 
Die höchste Konzentration des Glyphosat-Abbauproduktes AMPA, welches ebenfalls menschliche Zellen schädigen kann, wurde mit 1,7 μg/l in der Großen Röder nahe Radeburg nachgewiesen. „Wenn sich schon in einem Fließgewässer derart hohe Konzentrationen des Glyphosat-Abbauproduktes AMPA finden lassen, dann ist zu befürchten, dass die Konzentration in zahlreichen stehenden Gewässern noch höher ist“, schlussfolgert der Abgeordnete.
 
Das Gebiet gehört zur Moritzburger Kleinkuppenlandschaft, die mit der Zugehörigkeit zum Landschaftsschutzgebiet ‚Friedewald und Moritzburger Teichgebiet‘, dem Landschaftsschutzgebiet ‚Moritzburger Kleinkuppenlandschaft‘ und dem Landschaftsschutzgebiet ‚Wilschdorfer Sandhügelland‘ zu einem großen Teil Schutzstatus besitzt.
„Die Moritzburger Kleinkuppenlandschaft ist von herausragender Bedeutung für den Naturschutz in Sachsen. Hier hat eine Flora und Fauna überlebt, die sonst in weiten Teilen Deutschlands verdrängt wurde. Insbesondere für zahlreiche Vogelarten ist das Gebiet ein wichtiger Rückzugsraum. Deshalb wurde es 2004 zum Vogelschutzgebiet erklärt. Um diese Rolle auch weiterhin erfüllen zu können, muss die Moritzburger Kleinkuppenlandschaft frei von Ackergiften bleiben. Naturschutz auf der einen und intensive Landwirtschaft auf der anderen Seite vertragen sich nicht. Hier muss dringend etwas geschehen!“, fordert Günther.
 
Als Konsequenz aus den Untersuchungen fordert der Abgeordnete Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf, Kleingewässer in der Agrarlandschaft regelmäßig und in repräsentativer Zahl auf Vorkommen wassergefährdender Stoffe untersuchen zu lassen.
„Zudem muss der Schutz der Kleingewässer vor Pestizideinträgen aus der Landwirtschaft verstärkt und die zunehmende Beeinträchtigung und Zerstörung der Kleingewässer gestoppt werden.“
 
„Die Kontrollen der Landwirtschaftsbetriebe bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln soll zudem verstärkt werden.“
„Der Ökolandbau mit seinem Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel verdient eine intensivere Förderung in Sachsen“, so Günther abschließend.
 
>>Hintergrundpapier ‚Pestizidscreening in ausgewählten Kleingewässern Sachsens‘
 
Hintergrund:
 
Mehr als die Hälfte der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Etwa 70 Prozent davon sind Ackerland, der Rest Grünland. In der konventionellen Landwirtschaft wird schon seit Jahrzehnten eine große Menge unterschiedlichster Pestizide zur Ertragssteigerung eingesetzt. 2014 wurden in Deutschland über 100.000 t Pflanzenschutzmittel mit knapp 35.000 t Wirkstoffen eingesetzt. Dabei gab und gibt es immer wieder Diskussionen über die Auswirkungen auf die Flora und Fauna, die Biodiversität, die Abbaubarkeit und Anreicherung im Boden oder in der Nahrungskette der Menschen. (Der Weltmarkt für Pflanzenschutzmittel betrug im Jahr 2014 42,7 Mrd. Euro, in Deutschland 1,6 Mrd. Euro.)
 
Es wurden 12 Gewässersysteme mit insgesamt 17 Einzelgewässern ausgewählt, die sich in den Regionen Leipzig, Mittelsachsen, Nordsachsen, Chemnitz, Dresden und der Lausitz befinden und damit über die gesamte Fläche des Freistaates Sachsen verteilt sind. Die Gewässer sind im Einzelfall entweder naturschutzfachlich besonders wertvoll oder dienen als offizielles Badegewässer der Nutzung durch den Menschen. Diese Gewässer wurden jeweils auf eine Liste von 12 in der konventionellen Landwirtschaft besonders häufig eingesetzte Pestizide bzw. deren Abbauprodukte geprüft: Glyphosat, AMPA, Terbuthylazin, Desetyhlterbutylazin, Metolachlor, Nicosulfuron, Prosulfuron, Tebuconazol, DEET (Diethyltoluamid), Terbutryn, Boscalid und Carbendazim.

 

 

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