GRÜNE kritisieren einseitigen Fokus auf Streusalzeinsatz in Sachsen

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Günther: Mehr als 10 kg Salz je laufendem Meter sächsischer Bundesstraße pro Winter sind zu viel − Massive Baumschäden sind die Folge − Seit 2010 wurden mehr als 45.000 Bäume an sächsischen Landesstraßen gefällt

Dresden. Sachsens Staatsregierung setzt sehr stark auf Tausalz zur Abstumpfung der Straßen im Winter. Das geht aus den Antworten von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) hervor. 

„Auch wenn alle bei winterlichen Wetterverhältnissen sicher mit dem Auto unterwegs sein sollen: Der hohe Einsatz von Streusalz bleibt nicht ohne Folgen für Mensch und Natur“, erklärt Wolfram Günther, der umweltpolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag.  

„Insgesamt 383.000 Tonnen Auftausalze wurden in den letzten fünf Wintern auf sächsischen Bundes- und Staatsstraßen ausgebracht und belasteten mit über 41 Mio. Euro den öffentlichen Haushalt. Hinzu kommen die Kosten für Fällung und Nachpflanzung von geschädigten Bäumen und die Sanierung der Straßenschäden.“

„Für die straßenbegleitenden Alleebäume bedeutet das eine ernst zu nehmende Bedrohung. Durch den Einsatz von Tausalz werden jeden Winter unwiderrufliche Schäden an den Bäumen angerichtet.“


Nach Berechnungen der Alleenschutzgemeinschaft wurden deutschlandweit auf Bundesstraßen ca. 9 kg pro laufendem Meter ausgebracht. „In Sachsen war dieser Wert in den letzten Jahren deutlich höher“, kritisiert der Abgeordnete. „Im Durchschnitt wurden je Wintersaison in den letzten fünf Jahren mindestens 10,5 kg pro laufendem Meter Bundesstraße in Sachsen ausgebracht. Das bedeutet, dass auf dem Bankett beidseits der Straße pro laufendem Meter mehr als 5 kg Salz gelandet sind.“

„Die Gehölze am Straßenrand nehmen das Salz auf, wachsen deshalb langsamer, verlieren schneller ihre Blätter oder sterben ganz ab. Hauptproblem dabei sind Wurzelschäden. Die Bäume leiden im folgenden Sommer akut an Wasser- und Nährstoffmangel. Der schleichende Tod vieler Straßenbäume ist daher vorprogrammiert.“

„Es ist bezeichnend, dass von den ca. 257.000 Bäumen, die noch 2010 an sächsischen Bundes- und Staatsstraßen standen, bis Ende 2015 45.000 Bäume gefällt wurden. Das bedeutet, dass 17,5 Prozent des Gesamtbestandes dieser Bäume innerhalb von sechs Jahren gefällt wurden. Für mich ist klar, dass Baumschädigungen durch die massive Nutzung von Auftausalzen im Winter eine Mitursache für diesen großen Verlust sind. Übrigens wurde zu meinem Entsetzen nicht einmal die Hälfte dieser gefällten Bäume ersetzt.“


„Zusätzlich werden durch die erhöhte Versalzung unsere Flüsse und Bäche beeinträchtigt“, erläutert Günther. „Dabei ist unser Grundwasser ohnehin schon stark belastet, z.B. durch Nitrate – wie wir nicht erst seit der Klage der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland wissen.“

„Streusalz kann auch zu Entzündungen an Pfoten und Augen bei Haustieren führen.“
 

„Weniger ist mehr“, fordert deshalb der Abgeordnete. „Das gilt auch für den Einsatz von Streusalz auf Sachsens Straßen. Wo durch das massive Ausbringen von Auftausalzen und den Verzicht auf mechanische Reinigung Personalkosten eingespart werden, folgen die Kosten für die Beseitigung der Schäden bei Straßen, Brücken, Straßengrün und Autos auf dem Fuß. Die Straßenschäden wären geringer, wenn weniger Salz gestreut wird.“

 

Brücken aus Stahlbeton rosten durch Salz schneller. Auf den Straßen, aber auch in Steinbrücken erzeugt Salz Spannungsrisse. Weniger Salz entlastet demzufolge die öffentlichen Kassen zweifach: beim Kauf von Streugut und beim Flicken der Schlaglöcher. 

„Wir wollen den hohen Standard bei der Verkehrssicherheit nicht herabsetzen. Wir fordern aber, dass Sachsens Staatsregierung die Empfehlungen des Umweltbundesamtes und des Bundesumweltministeriums zu Streusalzeinsätzen beachtet. Der Salzeinsatz sollte ultima ratio sein und nicht die bequeme Alternative zur Erfüllung des Winterdienstes auf sächsischen Verkehrsflächen. An vielen Stellen sind Winterdienst mit mechanischer Schneeräumung, die Förderung von Windschutzhecken und Schneezäunen in der freien Landschaft oder im Einzelfall auch temporäre Geschwindigkeitsreduzierungen mögliche Alternativen.“

„Andere schneereiche Länder machen es vor: In Finnland, der Slowakei und Österreich wird weniger Salz gestreut als in Deutschland. Dort setzt man auf häufigere Schneeräumung mit anschließendem Aufstreuen von abstumpfenden Stoffen, angepasste Fahrweise und Geschwindigkeitsreduzierungen. Nur an steilen oder unübersichtlichen Stellen wird dort Salz gestreut“, so Günther.

 

>> Antwort von Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Winterdienst auf Staatsstraßen und Bundesstraßen in Sachsen Verwendung chemischer Auftausalze (z.B.Streusalze)‘ (Drs 6/7944):

http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=7944&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=1&dok_id=undefined

 

>> Antwort von Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD) auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE) ‚Fällungen und Nachpflanzungen von Bäumen an Bundes- und Staatsstraßen in Sachsen zwischen 2010 und 2015‘ (Drs 6/6615): 

http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=6615&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=1

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