Meine Rede zum Doppelhaushalt 2019/20 – Ein Haushalt ohne echten Plan!

 

Haushaltsdebatte − Günther: Das ist ein Wahlkampfhaushalt in Reinform, aber ein Haushalt ohne echten Plan!

Redebausteine von Wolfram Günther, Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, zur Beratung des Doppelhaushalts 2019/2020
Mittwoch, 12. Dezember, TOP 1

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

sehr geehrter Her Ministerpräsident,

Sie sind vor einem Jahr in Land gekommen und sind als Ministerpräsident gestartet mit dem großartigen Satz: „Ich habe einen Plan für Sachsen!“

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Diesen Plan kann ich noch nicht so richtig erkennen!
Alles das, wofür Sie sich gelobt haben, was Sie alles angepackt haben, alles das sind Reparaturarbeiten. Das ist deswegen noch kein Plan für die Zukunft.
Bei Ihren Aufräumarbeiten helfen wir GRÜNE gern mit, aber wir brauchen ein Zukunftsbild für Sachsen.
Zwar haben Sie, Herr Kretschmer, heute viel über die Aufgaben gesprochen und wir wissen auch, dass wir einen Haushalt haben mit einer noch nie dagewesenen Höhe, aber wir wissen auch, dass es mit dem neuen Länderfinanzausgleich und den Zuweisungen von der europäischen Ebene nicht ewig so weitergehen wird.

Ihnen, der Koalition, den Mitgliedern dieser Regierung und Koalition, dürfte eigentlich bewusst sein, dass Sachsen vor einer Zeit der Umbrüche steht.
Genau jetzt wäre der Moment, Weichen zu stellen. Genau das fehlt hier.
Zwar haben Sie schon erkannt, dass wir in Zeiten von starken Umbrüchen sind. Und mit diesem Haushalt hätten Sie die Möglichkeiten und die Mittel, diesen Umbruch zu gestalten. Aber das müssten Sie dann auch wirklich wollen!
Weil dieser Plan, dieses Zukunftsbild fehlt, ist dieser Haushalt ein „Weiter so!“

Wir haben als GRÜNE während der Haushaltsberatungen noch nie so ein Chaos erlebt und das liegt daran, dass eben nicht systematisch ein Plan abgearbeitet wird.
So war bis zu Beginn der Haushaltsklausur nicht klar, welche Änderungsanträge tatsächlich überhaupt zur Abstimmung gestellt werden.
Dann kamen Tischvorlagen, etwa zum Sondervermögen. Kein Abgeordneter hätte sich jemals wirklich hineinarbeiten können.
Dann noch eine Tischvorlage zum Finanzausgleichsgesetz, den man auch nicht sauber durcharbeiten konnte.
Uns ist gar nicht klar, ob Sie als Regierungskoalition bei diesem Chaos überhaupt noch einen Durchblick haben.

In einem Haushalt sollten wir nicht immer nur reparieren, sondern von den Zukunftsaufgaben her denken.
Was sind denn die Aufgaben, die wir in Zukunft zu gestalten haben?

Es geht um wirtschaftliche Grundlagen: Es gibt inzwischen kein Gespräch mit Unternehmerinnen und Unternehmern, das sich nicht darum dreht, dass uns Menschen fehlen. Es gibt in diesem Land einen eklatanten Arbeitskräftemangel.
Da wären wir schnell bei Ihrem fehlenden Gleichstellungsgesetz, damit Frauen endlich gleichberechtigt in der Arbeitswelt teilnehmen können. In diesem Haushalt findet sich nichts dazu.
Wenn Sachsen für Menschen, die hierher kommen, attraktiv werden soll und genauso attraktiv werden soll für junge Menschen, um hier zu bleiben, dann muss man die großen Hebel anpacken.
Ein wesentlicher Hebel ist die Mobilität. Jeder Ort sollte in Zukunft schnell zu erreichen sein. Es geht um die Frage, wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll. Sie müssten ein Bild entwickeln, wie die Mobilität der Zukunft aussehen sollte. Das Rückgrat ist der Öffentliche Verkehr und wir bräuchten eine flächendeckende Angebotsoffensive im Öffentlichen Verkehr.

Wir haben prosperierende Ballungsräume. Das Hauptproblem ist dort die Wohnungsfrage. Alles, was für den sozialen Wohnungsbau eingestellt worden ist, ist die Summe, die allein die Landeshauptstadt Dresden aufgerufen hat.
Was ich von Ihnen, Herr Kretschmer, oft vernehme, ist die Forderung nach Berlin, man solle schneller abschieben. Ich würde mir aber wünschen, dass wir endlich mal darüber reden, wie wir Menschen schneller integrieren können. Nur so können geflüchtete Menschen auch einen Beitrag in unserer Gesellschaft leisten. All das findet sich in diesem Haushalt nicht wieder.
Wir haben in Sachsen ein Problem mit unserem Ruf. Das ist ein wesentlicher Grund, warum sich viele Menschen nicht vorstellen können, hierherzuziehen. Wir müssen etwas für eine tatsächliche Weltoffenheit in Sachsen tun und nicht nur Imagekampagnen mit Gummibärchen machen.

Wir haben eine riesige Herausforderung im Umgang mit dem Klimawandel. Da geht es eben nicht, dass Sie, Herr Ministerpräsident, bei der Kohlekommission dazwischengrätschen.
Es hilft auch nichts, pauschal 60 Milliarden Euro zu fordern, sondern Sie müssten einen Plan entwickeln, wofür genau man dieses Geld braucht.
Es braucht Planungssicherheit für alle Menschen in der Lausitz. Wir GRÜNE fordern, dass die Lausitz eine Innovationsregion wird. Wir brauchen Forschungsinstitutionen und eine gute Bahnanbindung und dann kann man beziffern, wie viel diese Projekte wirklich kosten. Wir brauchen dafür Geld, aber es ist unsinnig, pauschal irgendeine Summe in den Raum zu werfen.

Es geht auch immer um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Aber auch hier findet sich gegenüber dem letzten Haushalt nichts Neues.
Wir müssten in junge Menschen investieren und haben uns als GRÜNE für eine Jugendoffensive stark gemacht. Durch die Erhöhung der Jugendpauschale auf 15 Euro pro jungem Mensch könnten wir mehr Jugendarbeit organisieren. Das wäre gut für die politische Bildung und gerade für den ländlichen Raum.

Dann reden Sie von der CDU gern vom „starken Staat“, heute auch Kollege Hartmann wieder. Wir GRÜNE wollen eine starke, moderne Zivilgesellschaft mit einem handlungsfähigen Staat.
Wir haben daher als GRÜNE eine Personaloffensive für diesen Haushalt vorgelegt. Wir haben Ihnen für alle Stellen und Behörden vorgerechnet, wie viele Personalstellen man braucht. Es würde diesem Freistaat sehr gut tun, diese Personaloffensive umzusetzen. Denn die Menschen in diesem Land haben es verdient, dass sie einen handlungsfähigen Staat haben. Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der Probleme löst und ortsnah zur Verfügung steht.
Es braucht ein Zukunftsbild dazu, wie die Verwaltungen in Zukunft arbeiten, wie Digitalisierung unserer Verwaltungen verändern. Zu all diesen Fragen sehen wir nichts in diesem Haushalt.

Wir stehen vor der Frage, wie wir den Aufbruch in ein modernes Sachsen schaffen. Wie soll Sachsen 2020 und 2030 aussehen?
Wir müssen aktiven Klimaschutz betreiben.
Wir wollen ein Land, in dem Bildung keine Dauerbaustelle ist, sondern allererste Priorität genießt,
Wir brauchen eine Gesellschaft, in der Zusammenhalt gelebt wird. Zusammenhalt über alle Menschen, die neu hierher kommen und alle Menschen, die hier bleiben wollen. Diese Vielfalt wollen wir leben.
Es geht um eine Gesellschaft, in der Freiheit und Bürgerrechte effektiv geschützt werden. Freiheitsrechte und offene Grenzen gehören zu den großen Errungenschaften der letzten Jahre.
Wir GRÜNE haben 200 Änderungsanträge mit Gegenfinanzierung eingebracht, jedoch mit anderen Schwerpunkten. All diese stellen sich der Frage der Nachhaltigkeit.

Das ein Wahlkampfhaushalt, aber ein Haushalt ohne echten Plan! Diesen Plan sind Sie bis heute schuldig geblieben!

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