Akzeptanz der Wölfe nicht selbstverständlich: Schäden vollständig entschädigen

(2015-221) Heute hat sich der Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft des Sächsischen Landtags in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema Wölfe in Sachsen beschäftigt.

Der umweltpolitische Sprecher der GRÜNEN-Landtagsfraktion Wolfram Günther bricht die Lanze für eine nüchterne Betrachtung der Fakten: „Viel zu oft werden beim Thema Wolf Ängste in der Bevölkerung bedient, sogar geschürt. Die Schauergeschichten der Gebrüder Grimm spuken immer noch durch unser kollektives Unterbewusstsein. Es lässt sich jedoch klar festestellen, dass der Wolf jenseits der Märchenwelt kein ernsthaftes Problem ist.“

„Es ist falsch, dass die sächsischen Wolfsbestände mit ca. 20 bis 30 Erwachsenen und ähnlich vielen Jungtieren eine flächendeckende Bedrohung für den Schafbestand des Landes darstellen würden. Hier hilft ein Blick auf die Fakten: Im Jahr 2013 wurden in ganz Sachsen ca. 75.000 Schafe gehalten und davon 12.200 geschlachtet. In den Gebieten der Wolfsreviere wurden etwa 15.000 Schafe gehalten. Dem stehen ca. 50 Risse durch den Wolf entgegen. Für den Schadenausgleich von Rissen bzw. nicht auszuschließenden Schadensereignissen durch den Wolf wurden in Sachsen von 2002 bis 2014 insgesamt ca. 50.000 Euro an Tierhalter ausgezahlt. Das sind nicht einmal 5.000 Euro Schadenssumme pro Jahr. Angesicht dieser Zahlen kann man sich über die teilweise hysterisch geführte Debatte nur wundern“, erklärt Günther.

„Kurios mutet auch die Argumentation mancher Jäger an, dass die Wölfe die Wildbestände im Land stark dezimieren würden. In Sachsen werden pro Jagdsaison 30.000 bis 35.000 Rehe und 15.000 bis 35.000 Wildschweine von der Jägerschaft geschossen. Bei diesen hohen Abschusszahlen kann sich der Appetit von einigen Wölfen unmöglich verändernd auf den Gesamtbestand auswirken“, rechnet Günther vor.

„Grundsätzlich geht der Freistaat bisher den richtigen Weg im Umgang mit der Wiederansiedlung des Wolfes. Die Förderung der Schutzmaßnahmen wie Spezialzäune und Herdenschutzhunde sowie die Entschädigungen von Riss-Verlusten durch den Wolf sind hilfreich, aber nicht ausreichend“, sagt der Umweltpolitiker.

„Wer bei Schaf- und Ziegenzüchtern die Akzeptanz erhöhen will, muss großzügiger entschädigen. Wir schlagen vor, die Förderquote von 60 auf 100 Prozent zu erhöhen, da bei der Tierzucht von Schafen und Ziegen nur recht bescheidene Gewinnspannen zu verzeichnen sind. Gerade diese Tierrassen leisten oft einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege. Deshalb soll kein Tierhalter wegen finanzieller Mehrbelastung für den Wolfsschutz in Schwierigkeiten geraten“, fordert Günther.

Die Ausgaben für den präventiven Herdenschutz lagen von 2002 bis 2014 insgesamt bei ca. 200.000 Euro. Angesichts der überschaubaren Belastung des Landwirtschaftshaushaltes durch den Posten ‚Wolf‘ ist hier noch viel Luft nach oben.

Hintergrund:
Auf dem Gebiet des heutigen Sachsen kommt der Wolf sehr wahrscheinlich schon seit über 20.000 Jahren vor. Nach relativ kurzzeitiger Verdrängung nach Ostmitteleuropa, wo er immer heimisch blieb, wandert er nun wieder in sein angestammtes sächsisches Verbreitungsgebiet zurück. Die Population stabilisiert sich langsam auf niedrigem Niveau und gilt immer noch als „stark gefährdet“.
In Sachsen existieren derzeit ca. zehn Rudel und zwei Paare. Sie besiedeln Reviergrößen mit durchschnittlich 250 Quadratkilometern. Dabei kommt der Wolf nur in Gebieten vor, die eine geringe Bevölkerungsdichte und relativ geringe Verkehrs- und Siedlungsflächendichten aufweisen.
Es ist davon auszugehen, dass sich der Wolf in Mitteleuropa nur in hinreichend großen, relativ dünn besiedelten, wildreichen und verkehrsarmen Regionen dauerhaft ansiedeln kann und dort auch der Nachwuchs überlebt.
Nach ersten Erkenntnissen sterben sehr viele Wolfswelpen und einjährige Tiere durch den Straßenverkehr. Hinzu kommen jedes Jahr illegale Abschüsse, die den Wolfsbestand bedrohen.

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