Pressemitteilung
Landkreis Mittelsachsen
Datum: 09.05.2016
Baumbestand auf Landesflächen – Freistaat Sachsen ist ein schlechtes Vorbild, vor allem Straßenränder werden abrasiert
Dresden. In den Jahren 2013 bis 2015 wurden auf den Liegenschaften des Freistaates rund 41.390 Bäume gefällt und 47.820 Bäume neu- bzw. nachgepflanzt.
Das erfuhr der Landtagsabgeordnete Wolfram Günther (GRÜNE) durch die Antwort von Umweltminister Thomas Schmidt (CDU) auf seine Kleine Anfrage „Baumfällungen im Freistaat Sachsen“.
Mittelsachsen ist der einzige Landkreis, in dem die Neupflanzungen relativ nahe an die Fällzahlen herankommen. Laut Staatsregierung wurden bei 3.970 Fällungen an landeseigenen Straßen immerhin 3.300 Bäume neu gepflanzt. „Das ist viel zu wenig, vor allem, wenn man sieht, wie viel größer das Missverhältnis in den anderen Landkreisen ist“, mahnt Günther. Das auffälligste Negativ-Bespiel ist der Erzgebirgskreis mit etwa 940 Pflanzungen bei 3.790 Fällungen zwischen 2013 und 2015 an den Straßen des Freistaates.
„Insgesamt sank damit die Biomasse an Bäumen dramatisch“, kritisiert der GRÜNE Umweltpolitiker. „Ein neugepflanzter junger Baum erbringt nur einen geringen Bruchteil der biologischen Leistungen eines Altbaumes − etwa in Bezug auf Sauerstoffproduktion, Temperaturausgleich oder Lebensraumeignung für Tiere. Der Ausgleich eines alten Baumes durch Neupflanzung ist daher kaum möglich. Damit er annhähernd erreicht wird, muss bei Neupflanzungen wenigstens ein Verhältnis 1:3 oder darüber angestrebt werden. Die Gesamtbilanz für den Freistaat auf seinen eigenen Flächen ist also deutlich negativ.“
In den Schlössern und Gärten Sachsens wurden wenige Baumfällungen durchgeführt und Neupflanzungen erfolgten zumeist mit einheimischen Arten, wie Günther erfreut feststellt.
„An landeseigenen Straßenflächen sind die Zahlen dagegen absolut verheerend. So stehen 25.290 Fällungen an den Straßen, für die der Freistaat Verantwortung trägt, nur 10.040 Neuanpflanzungen gegenüber. Zusammengefasst: Schlösser und Gärten bleiben grün, Straßenränder werden abrasiert“, erklärt der Abgeordnete.
„Einerseits mag es die Verkehrssicherungspflicht bedingen, dass gerade an Straßen viele Bäume gefällt werden müssen. Andererseits steht dort der nötige Raum für Bäume zur Verfügung und ist die Vorbildwirkung am größten, weil auf den Straßen viele Menschen unterwegs sind. Herausgehobene Bedeutung haben Straßenbäume als Filter für Schadstoffe, Feinstaub und Lärm sowie für das Landschaftsbild. Gerade für attraktive ländliche Räume kommt Straßenbäumen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu.“
Auf den flussnahen Flächen, die die Landestalsperrenverwaltung unterhält, sind in den vergangenen drei Jahren unterschiedliche Tendenzen zu beobachten. Im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge wurde fast gleich viele Bäume nachgepflanzt (ca. 1320) und gefällt (ca. 1380), wobei die Fällungen überwiegen. In anderen Landkreisen sind dagegen Bäume durch Pflanzungen sowie natürliche Entwicklung dazugekommen. Mittelsachsen ist hier positiver Spitzenreiter: auf 1.820 Fällungen kommen im Verlauf der drei Jahre 9.600 Ersatz-/bzw. Neupflanzungen. „Das ist eine gute Entwicklung, die nach dem Tornado-Erlass aber auch dringend geboten ist. Denn gerade unsere Flusslandschaften sind die Perlen des Naturschutzes und der Naherholung in Sachsen“, resümiert Günther. „Wenn wir in Sachsen Wert auf biologische Vielfalt, Biotopverbund und Vorsorge vor dem Klimawandel Wert legen, gehören Bäume in großem Maße dazu.“
Hintergrund:
Tornado-Erlass: Der sogenannte Tornadoerlass bezeichnet den Auftrag des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (unter Minister Frank Kupfer (CDU)) an die Landestalsperrenverwaltung und die Landesdirektion Sachsen, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu prüfen, nachdem am 24. Mai 2010 mehrere Hochwasserschutzdeiche beschädigt wurden, weil aufgrund eines Tornados Bäume umgestürzt waren. Dabei wurde davon ausgegangen, dass Bäume und Sträucher auf Deichen grundsätzlich eine Gefahr für Leib und Leben darstellen und diese deswegen beseitigt werden müssten. Selbst bei einem Widerspruch gegen Natur- und umweltschutzrechtliche Vorschriften sowie Erhaltungszielen von Natura-2000-Gebieten wurden die Maßnahmen der Gehölzbeseitungung aufgrund angeblich immer und ständig drohenden Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit als vorrangig eingestuft. Dafür wurden an den sächsischen Fließgewässern die Naturschutzgesetze und Beteiligungsrechte aller Träger öffentlicher Belange außer Kraft gesetzt.
>> Antwort von Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland (CDU) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (GRÜNE): „Baumfällungen im Freistaat Sachsen“ (Drs. 6/4670)
Verwandte Artikel
Anzahl der Straßenbäume an Bundes- und Staatsstraßen in Sachsen sinkt weiter: 415 Nachpflanzungen bei 7.674 gefällten Straßenbäumen im Jahr 2018 bedeuten einen traurigen Tiefpunkt
Die Zahl der Bäume entlang von Bundes- und Staatsstraßen nahmen in Sachsen auch im Jahr 2018 weiter ab. Konkret wurden im vergangenen Jahr 7.674 Bäume an diesen Straßen im Freistaat…
Teilen mit:
Weiterlesen »
IWH-Präsident zu neuer Förderpolitik für Ostdeutschland: Äußerungen sind Zeugnis schlichter Arroganz von Menschen, die weit weg von dem sind, worüber sie reden
(2019-176) Zu den Äußerungen des Präsidenten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint Gropp, bezüglich einer neuen Förderpolitik für Ostdeutschland erklärt Wolfram Günther, Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im…
Teilen mit:
Weiterlesen »
Wohnungen sollen Wohnungen bleiben – GRÜNER Gesetzentwurf gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum wird im Landtag abgestimmt
Die Konkurrenz auf den Mietwohnungsmärkten in Leipzig und Dresden ist weiterhin hoch. Die Zweckentfremdung von Wohnungen als Büros oder Ferienwohnungen sowie die Strategie, Wohnungen leer stehen zu lassen, bis ganze…
Teilen mit:
Weiterlesen »