Notsicherungsprogramm des Freistaates für Denkmale nötig – Unwiederbringlicher Verlust an gebauter Kultur und Heimat

Seit 2013 weitere 47 Denkmale abgerissen, 18 weitere Anträge liegen vor

 

Dresden. Zu den Antworten von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf seine aktuelle Kleine Anfrage zu den Denkmalabrissen im Landkreis Mittelsachsen erklärt Wolfram Günther, Sprecher für Denkmalschutz der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

 

„Im Landkreis Mittelsachsen wurden seit dem Jahr 2000 mehr als 450 Baudenkmale im Landkreis abgebrochen. Zusätzlich wurden seit 2005 95 Kulturdenkmale aus der Denkmalliste des Landes gestrichen und verloren damit ihren Schutzstatus.“

Das geht aus der Antwort des Innenminister auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten hervor.

 

„Die Größenordnung dieses unwiederbringlichen Verlusts an gebauter Kultur und Heimat ist erschreckend. Die Städte und Gemeinden im Landkreis Mittelsachsen haben bereits ein gewaltiges Entwicklungspotenzial verloren. Der Landkreis weist einen großen Reichtum an Bauzeugnissen vergangener Epochen auf, deren Bewahrung von hoher gesellschaftlicher Bedeutung ist. Die Anzahl der geschützten Kulturdenkmale im Landkreis belief sich zum 24. November 2014 auf nur noch 9.718.“

 

Zu den letzten Abrissen gehörten laut Antwort des Innenministers u.a. das Hofgut Loose in Leisnig, ein Fachwerkhaus in Reinsberg, das ehemalige Hotel „Deutsches Haus“ in Frankenberg, Häusleranwesen in Fachwerkbauweise in Ostrau, das ehemalige Huthaus in Freiberg in der Hauptstr. 134, das ehemalige Hilligersche Vorwerk in Freiberg, die ehemalige „Alte Schule“ in Neuhausen und Wohnhäuser in Hainichen, Rochlitz, Mittweida, Oederan, Erla oder Sayda.

 

„Besonders bitter war für mich der Abriss des Wohnhauses Schulgasse 25 in Rochlitz. Mit diesem Abriss wurde die geschlossene mittelalterliche Siedlungsstruktur zerstört. Für solche bedeutenden Denkmale benötigen wir unbedingt ein finanziell gut ausgestattetes Notsicherungsprogramm. Ein Abriss ist die schlechteste Lösung, da nicht mehr rückgängig zu machen.“

 

Aktuell liegen im Landkreis Mittelsachsen weitere 47 Genehmigungen für Abrisse bzw. Teilabrisse von Kulturdenkmalen vor. In Mittelsachsen betrifft dies z.B. den Gasthof in Roßwein in Wetterwitz 24, das ehemalige Forstgut in Frauenstein, das Herrenhaus in Obersteina, die Mühle in Roßwein in der Talstr. 133, die Meierei der ehemaligen Landesklinik in Großweitzschen, das Fachwerkhaus in Reinsberg in der Dorfstr. 21 oder ein Fabrikgebäude in Döbeln.

 

Für 18 weitere denkmalgeschützte Objekte im Kreisgebiet liegen Anträge auf einen Abriss vor. So ist unter anderem die Zukunft des Stadtgutes in Hartha, eines Fachwerkhauses in der Voigtstr. in Waldheim, des Mühlengebäudes im Mittweidaer Ortsteil Ringetal sowie einiger denkmalgeschützter Wohnhäuser Altmittweida, Rochlitz, Geringswalde, Frankenberg, Döbeln, Hainichen und Geringswalde ungewiss.

 

„Seit dem Jahr 2000 wurden im Landkreis Mittelsachsen knapp fünf Prozent der dort vorhandenen Kulturdenkmale abgerissen. Seit 2005 verlor ein weiteres Prozent ihren Denkmalstatus.“

„Trotz der Rettung zehntausender Kulturdenkmale in den vergangenen Jahren befinden sich in Sachsen ganze Denkmalgruppen in einem dramatischen Zustand. Dies betrifft sowohl die Gruppe der Schlösser, Gutshäuser und ländlichen Anwesen als auch zunehmend die technischen Denkmale. Hier fehlt es an ausreichender finanzieller Förderung“, kritisiert Wolfram Günther.

 

„Mangelnde finanzielle Unterstützung beim Denkmalschutz schadet auch der heimischen Wirtschaft. Es sind Tausende Handwerker, Architekten, Beschäftigte in Bauunternehmen, Restauratoren, die einen wichtigen Teil des Bauwirtschaftsgewerbes ausmachen. Jeder Euro an staatlicher Denkmalförderung zieht ein Mehrfaches an privaten Investitionen nach sich“, argumentiert er.

 

„Vor allem engagierte private Denkmaleigentümer werden mangels ausreichender Förderung allein gelassen. Schon jetzt genügen die Zuschüsse nicht, um für wichtige Denkmale zumindest ein Minimum an Förderung bereitzustellen. Wenn aber weder saniert noch gesichert werden kann, drohen Verfall und Abriss. Diese Entwicklung muss dringend korrigiert werden. Sonst verschwinden immer mehr historische Bauten, wie Wohnstallhäuser, Bahnhofsgebäude oder alte Fabriken und Geschäftshäuser aus dem Ortsbild und letztlich auch aus unserem Gedächtnis,“ konstatiert Günther.

 

>> Antwort von Innenminister Markus Ulbig auf die Kleine Anfrage Wolfram Günther „Abriss von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden im Landkreis Mittelsachsen“ (Drs. 6/2555):

http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=2555&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=1

 

>> Antwort von Innenminister Markus Ulbig auf die Kleine Anfrage Wolfram Günther „Aktuelle Anzahl der sächsischen Kulturdenkmale und Verlust an Kulturdenkmalen seit dem Jahr 2000“ (Drs. 6/274):

http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=274&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=202

 

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