(2016-171) 26.05.2016
Anlässlich der heutigen Demonstration der sächsischen Landwirte vor dem Landtag, erklärt Wolfram Günther, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN:
„Die Landwirtschaft befindet sich in einer tiefen Strukturkrise. Die aktuelle Preiskrise bei der Milch ist nur eines der Symptome. Derartige Preiskrisen gibt es seit einigen Jahren immer öfter und in immer
Demo der Landwirte vor dem Sächsischen Landtag am 26. Mai 2016. Foto: GFSN
gravierenderem Ausmaß. Die gerade auch von den Bauernverbänden mit vertretene Politik einer konsequenten Industrialisierung der Landwirtschaft führt zur Konzentration der Betriebe, das heißt, kleinere Landwirtschaftsbetriebe müssen immer größeren und, rein betriebswirtschaftlich betrachtet, effizienteren Unternehmen weichen. Das führt zu Massen- und Überproduktion, Preisverfall, Marktbereinigung und letztlich Tendenzen zur Herausbildung von Oligopolen und Monopolen. Im weltweiten Wettbewerb haben dabei die größten Unternehmen, die sich am stärksten allein auf kurzfristige Gewinnmaximierung konzentrieren, die größten Erfolgsaussichten − mit langfristig gravierenden negativen Folgen für die Volkswirtschaft insgesamt.“
„Wir kommen um einen grundsätzlichen Richtungswechsel in der Landwirtschaft nicht herum, wenn wir wollen, dass in Deutschland Landwirtschaft weiter von Familienbetrieben und mittelständischen Landwirtschaftsunternehmen betrieben wird und diese Betriebe im Gemeinwohlinteresse so wirtschaften, dass der Erhalt unserer Kulturlandschaft genauso gewährleistet ist wie die langfristige Bodennutzbarkeit, Belange des Tierwohls und der Schutz der Umwelt einschließlich dem Erhalt der Artenvielfalt und der Qualität unseres Trinkwassers.“
„Wir müssen weg von der Orientierung auf Massenproduktion für den Weltmarkt, noch dazu von weitgehend unverarbeiteten Ausgangsprodukten. Die Konkurrenz um die billigste Milch oder die billigste Schweinehälfte verlieren wir. Wir müssen hin zu einer Orientierung auf Qualität und Regionalität. Mit Qualität lassen sich entsprechende Preise nicht nur im Export, sondern vor allem in der regionalen Vermarktung rechtfertigen. Dies gibt zugleich Spielraum für eine nachhaltige Landwirtschaft, die die Umwelt erhält, dem Tierwohl gerecht wird und dem menschlichen Bedürfnis auf eine erlebbare intakte Kulturlandschaft. Vorbildfunktion hat hier die Ökologische Landwirtschaft, die das alles gewährleistet und als eine der ganz wenigen Sparten der Landwirtschaft nicht von der Preiskrise betroffen ist.“
„Es wäre grundfalsch, in das bestehende und nicht nachhaltige System Landwirtschaft einfach mehr Geld zu geben. Damit können die laufenden Marktbereinigungsprozesse nicht aufgehalten, sondern bestenfalls kurzfristig verzögert werden. Dieses Geld wäre nicht nur sinnlos verloren, es würde sogar regelrecht schaden, da es den überfälligen Richtungswechsel verzögern würde und dabei noch mehr Betriebe auf der Strecke blieben. Es muss unverzüglich in eine Stärkung der Ökologischen Landwirtschaft und in noch viel stärkeren Maße in eine Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft investiert werden. Hier muss der Ausstieg aus der Massenproduktion und statt dessen der Aus- und Aufbau der Weiterverarbeitung und Veredlung in der Region, starker regionaler Vertriebswege sowie der Direktvermarktung erfolgen. Der Anteil vom Endverkaufspreis, den der Landwirt erhält, muss erheblich steigen. Kurzfristig und vorrübergehend gehört dazu auch eine finanzielle Unterstützung für die Landwirte, die freiwillig weniger produzieren, sowie die Stärkung von Herstellern, indem ihnen Zusammenschlüsse sowie Mengenabsprachen und Preisabsprachen erlaubt werden.“
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