Mitten in der Kleinstadt Colditz im Landkreis Leipzig steht ein Bahnhof. Leer, zugewuchert und ungenutzt. Die letzte Bahn ist hier vor über 25 Jahren abgefahren.
Die Strecke der Muldentalbahn, an welcher der Bahnhof Colditz liegt, soll, wenn es nach dem Willen des Landtagsabgeordneten Wolfram Günther als auch dem Bürgermeister von Colditz, Robert Zillmann, und dem Oberbürgermeister von Rochlitz, Frank Dehne, geht, schnellstmöglich reaktiviert werden.
Um den aktuellen Stand und die Forderungen der bündnisgrünen Landtagsfraktion zu besprechen, trafen sich die beiden Bürgermeister mit dem Landtagsabgeordneten Anfang Juni in Colditz.
Warum sollte diese Strecke reaktiviert werden?
Robert Zillmann verweist hier deutlich auf den Wunsch der Städte, deren Einwohner als auch der Verkehrsverbünde ZVNL und VMS, diese Region des Muldentals wieder an die Metropolregion Leipzig als auch an Chemnitz anzubinden. Denn es gibt starke Vorteile für die Städte, die über die Bahn an Leipzig angebunden sind.
Zillmann sagt deutlich: „Wir befinden uns nicht auf dem Abstellgleis, jedoch im Bummelzug.“ Er hält die S-Bahn für die Entwicklung der Region für unverzichtbar. Gerade für Unternehmen wie Anona ist diese Anbindung wichtig, da ansonsten deren Mitarbeiter schwinden. Aber auch andere Pendler nach und von Leipzig benötigen diese Strecke. Auf diese Weise kommen zum Beispiel Ärzte und Lehrer in die Region und nicht zuletzt wird so auch der Tourismus in der Region gefördert. Auch Wolfram Günther sagt dazu deutlich: „Die Menschen fühlen sich abgehängt. Das darf nicht so bleiben. Die Wirtschaft, die Unternehmen warten darauf, sie brauchen die Anbindung in Form von Bahninfrastruktur, damit die Region wachsen kann. Wenn die Unternehmen Menschen, die Arbeit suchen, in der Region finden, brauchen sie die notwendige Infrastruktur, um die Menschen zu halten. Und das ist die Bahninfrastruktur als auch die notwendige soziale Infrastruktur. Die Reaktivierung der Muldentalbahn kann eine Erfolgsgeschichte werden, wie sie vielerorts schon geschrieben wurde. Wir haben die Erfahrung bereits anderenorts gemacht. Die Region ist bereit – die Wirtschaft, die Verwaltung und auch die Menschen vor Ort brauchen die Reaktivierung der einst vorhandenen Infrastruktur. Jetzt müssen einfach Taten folgen.“ Dies kann Frank Dehne nur bestätigen. „In den Städten wird der Flächenverbrauch immer größer und in den kleinen Städten wie Colditz oder Rochlitz schwinden die Einwohner. Auf diese weise stehen die Schulen und auch die Unternehmen bald vor dem Aus.“
Was ist bislang passiert? Die Hintergründe:
Auf bündnisgrüne Initiative wurde die Muldentalbahn in den Koalitionsvertrag 2019 bis 2024 aufgenommen. Man wollte für einen erfolgreichen Strukturwandel in eine moderne Verkehrsinfrastruktur investieren. Dabei gehörte die Anbindung der Strecke Grimma-Rochlitz-Geithain an die Metropolregion Leipzig zu den Projekten mit besonderer Bedeutung.
Nach Untersuchung der zwei Teilstrecken Narsdorf – Rochlitz und Rochlitz – Großbothen im Rahmen eines Basisgutachtens für Streckenaktivierung im Auftrag des SMWAs kam man 2021 zu dem Ergebnis „ggf. / noch untersuchungswürdig“, wodurch die Strecke der Muldentalbahn nicht in die engere Wahl aufgenommen wurde. „Von Seiten der Grünen wurde unser Vorhaben von jeher stark unterstützt. Sie erkennen die Notwendigkeit dieser Strecke für die Region. Von der CDU wurden Bestrebungen zumindest nicht gebremst, von Seiten der SPD war eine Reaktivierung jedoch nie gewollt.“ so Zillmann.
Die enge Zusammenarbeit und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit des damaligen Landtagsabgeordneten Gerhard Liebscher, des Landrats Henry Graichen sowie der beiden Bürgermeister aus Rochlitz und Colditz ermöglichten, dass 2023 für die Reaktivierung der Muldentalbahn zwischen Großbothen – Rochlitz – Narsdorf unter Federführung des ZVNL in Abstimmung mit dem Landkreis eine Vorstudie zur standardisierten Bewertung erstellt wurde, welche bereits im Frühjahr 2024 vorliegen sollte. Es wurde per Haushaltsbeschluss vereinbart, dass weitere Planungsschritte erfolgen sollen, wenn die Ergebnisse hinsichtlich Nutzerzahlen, Investitionskosten und Betriebskosten denen der Strecken Marienberg – Pockau und Beucha – Trebsen vergleichbar sind und hierfür Mittel in den Haushalt 2023/2024 und somit vorbehaltlich auch für die Folgejahre eingestellt.
Unerfüllte Versprechen von Michael Kretschmer
Besagte Studie des ZVNL lässt nun bereits deutlich auf sich warten. Auch aus der Beantwortung der kleinen Anfrage von Katja Meier wird deutlich, dass hier noch kein Ergebnis bekannt ist. Die Regierung möchte jedoch auch – entgegen vorheriger Beschlüsse – keine Mittel in den Haushalt einstellen, um die Reaktivierung bei einem befürwortenden Ergebnis angehen zu können. Günther dazu: „Dies ist uns Bündnisgrünen eindeutig zu kurz gedacht. Keine Mittel für die Instandsetzung und nur eine Prüfung der Strecke ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel. Dies würde einen Stillstand für die nächsten 1,5 Jahre bedeuten. Zumal Geld vom Bund über das Gemeindefinanzierungsgesetz da ist, jedoch scheitert es an der Kofinanzierung durch das Land Sachsen.“ Dem können die beiden Bürgermeister nur zustimmen. Auch wenn sich das Gesamtprojekt auf 10 bis 15 Jahre hinzieht, ist es ein wichtiges Signal für die Leute, dass sich hier etwas bewegt.
Zillmann macht deutlich, dass der aktuelle Haushaltsentwurf für Sachsen den ländlichen Raum hinten runterfallen lässt. „Wenn nicht investiert wird, können wir zuschließen!“
Die Freie Presse und die LVZ berichteten ebenfalls dazu.