Flüsse und Bäche sind mehr als nur Landschaft dienen neben ihrer Funktion als Lebensraum zusätzlich der Hochwasserversorgung und als zentraler Baustein für Klimaanpassung. Trotzdem wurden Flüsse und Bäche über Jahrzehnte begradigt, eingezwängt und aus ökologischer Sicht überstraziert. Die aktuelle Herausforderung besteht neben der Schadensreparation zusätzlich darin, unsere Gewässer auch für die Zunkunft aktiv zu stärken. Dieser Anspruch hat in den vergangenen Jahren Eingang in das Regierungshandeln gefunden und wurde politisch mit Nachdruck von Bündnis 90/Die Grünen vorangetrieben. Der Gewässerschutz wandelte sich für sich den Freistaat ebenso wie für die Kommunen von einem freiwilligen Projekt hin zu einer öffentlichen Aufgabe. Dabei geht es uns um Verantwortung für die nächsten Jahrzehnte, nicht nur um das nächste Unwetter.
Gewässer 1. Ordnung: Verbindliche Renaturierung an Sachsens großen Flüssen
Die Koalition mit grüner Beteiligung hat die Renaturierung an Sachsens großen Flüssen verbindlich im Verwaltungshandeln verankert. Der Grundsatzerlass „Integrierte Renaturierung – Teil 1.1“ (24.07.2024) verpflichtet die Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV), an Gewässern 1. Ordnung Renaturierung systematisch als Bestandteil der Gewässerunterhaltung zu planen und umzusetzen. Die klaren Leitlinien ermöglichen Maßnahmen zügig und rechtssicher und machen so die WRRL-Ziele bis 2027 erreichbar. Diese Weichenstellung wird auf der sächsischen WRRL-Umsetzungsseite als zentrales Instrument zur Beschleunigung der Maßnahmen benannt. Die Zuständigkeit liegt rechtlich beim Freistaat (Gewässer 1. Ordnung) und wird operativ von der LTV wahrgenommen. Flankiert wurde die strategische Verankerung durch die neue Förderrichtlinie Gewässer/Hochwasserschutz (FRL GH/2024), die seit September 2024 Renaturierung, Durchgängigkeit und Auenentwicklung mit hohen Fördersätzen unterstützt.
Gewässer II. Ordnung: Beratung, Förderung und Umsetzung vor Ort
Die Landesregierung unter grüner Mitverantwortung hat die kommunale Ebene gezielt aktiviert, damit die Kommunen auch an Gewässern zweiter Ordnung handlungsfähig sind. Durch den Grundsatzerlass „Integrierte Renaturierung – Teil 1.2“ (28.02.2025) wird festgelegt, dass obere und untere Wasserbehörden die Städte und Gemeinden aktiv beraten und Renaturierung ermöglichen. Parallel sorgt die Förderrichtlinie Gewässer/Hochwasserschutz (FRL GH/2024) dafür, dass kommunale Projekte zur Gewässerentwicklung, Renaturierung, Auen- und Hochwasservorsorge finanziell hinterlegt sind. Begünstigte sind dabei ausdrücklich Gemeinden und kommunale Zusammenschlüsse. Zusätzlich wurden auch Unterstützungsstrukturen ausgebaut: Das LfULG stellt Fachberater Gewässer in jedem Landkreis bereit, die Gemeinden bei Planung und Umsetzung begleiten. Der DVL-Landesverband bietet in diesem Zuge gezielte Praxisberatung. Somit sind Gewässer II. Ordnung kommunale Pflichtaufgabe nach dem Sächsischen Wassergesetz wobei Handreichungen und Leitfäden die praktische Umsetzung vor Ort flankieren.
Hinweis zur Förderung und Umsetzung
Mit der Förderrichtlinie Gewässer/Hochwasserschutz (FRL GH/2024) stellt das Umweltministerium erstmals dauerhaft Mittel dafür bereit, dass Kommunen Renaturierung an Bächen und kleineren Flüssen tatsächlich umsetzen können. Gefördert werden unter anderem die ökologische Aufwertung von Gewässern, die Wiederanbindung von Auen, der Rückbau von Barrieren zur Durchgängigkeit und natürlicher Hochwasserschutz durch mehr Überflutungsflächen. Antragsberechtigt sind ausdrücklich Gemeinden, kommunale Zusammenschlüsse und Wasser- und Bodenverbände. Zusammen mit dem Grundsatzerlass „Integrierte Renaturierung – Teil 1.2“, der vorsieht, dass die Wasserbehörden die Kommunen fachlich begleiten und Renaturierung aktiv ermöglichen, entsteht so ein Instrumentenpaket aus Beratung plus Finanzierung.
Systematische Renaturierung von Fließgewässern
Unter grüner Regierungsbeteiligung ist Renaturierung in Sachsen vom Einzelprojekt zur Regelpraxis geworden. An der Mulde hat die Landesdirektion Sachsen im März 2024 die Deichrückverlegung Nitzschka (Wurzen) planfestgestellt. Damit erhielt die LTV das Baurecht für ein Maßnahmenpaket aus neuem Flügeldeich, einer Hochwasserschutzwand sowie dem Aufschlitzen und Absenken eines Altdeich-Teilstücks, damit die Mulde wieder in die Aue ausufern kann. So entstanden rund 78 Hektar zusätzliche Überschwemmungsfläche.
An der Spree (Gemeinde Malschwitz, OT Neudorf/Halbendorf) hat die Landesdirektion im Juli 2023 die Renaturierung/Redynamisierung genehmigt. Diese ermöglicht den Rückbau und die Umgestaltung von Querbauwerken, das Anlegen von Fischwanderhilfen und die strukturelle Verbesserung einzelner Abschnitte des Flusslaufs. Dazu zählt beispielsweise das Absenken der Sohle unter der Brücke in Neudorf. Das Ziel ist, die Durchgängigkeit wiederherzustellen und den ökologischen Zustand der Spree deutlich zu heben.
Im Leipziger Süden läuft seit November 2022 die Renaturierung der Pleiße. Zunächst wurden auf einem Abschnitt von rund 350 m Ufertaschen für eigendynamische Uferentwicklung angelegt, standortgerechte Gehölze gepflanzt und sogenannte Raubäume (gesichertes Totholz) eingebracht, um Strukturen und Lebensräume für Fische zu verbessern. Begleitet wird dies von einem Gewässerentwicklungskonzept der LTV für den gesamten Korridor Böhlen–Markkleeberg.
An der Elbe in Arzberg (Nordsachsen) hat die Landesdirektion im September 2025 Baurecht für die Rückverlegung eines rund 2 km langen Deichabschnitts zwischen Kamitz und Pülswerda geschaffen, dessen Planung und Entscheidung bereits 2019 anfielen. Durch den Bau eines neuen Deiches und gewinnt die Elbe etwa 47 Hektar Auenraum zurück. Zusammen mit weiteren geplanten Rückverlegungen und Poldern ist eine Wasserspiegelabsenkung um ca. 30 cm bei Hochwasser möglich.
Trotz des Regierungswechsels haben wir uns als Grüne Landtagsfraktion in den Haushaltsverhandlungen 2025/26 weiter für Renaturierung und Auenrückgewinnung eingesetzt. Der erste Entwurf von CDU und SPD hätte wesentliche Mittel im Wasserbereich gestrichen. Durch grüne Änderungsanträge wurden jedoch letztendlich zusätzliche 37 Mio. Euro im Umwelt- und Landwirtschaftshaushalt erschlossen und vor allem eine Zweckbindung erreicht: Die ab Mitte 2025 erhobenen Wasserentnahmeabgaben der Tagebaubetreiber sollen über den Klimafonds für Auenrückgewinnung, gewässerökologische Strukturverbesserungen und Maßnahmen der Landestalsperrenverwaltung zur Verfügung stehen. Damit bleiben zentrale Renaturierungsprojekte arbeitsfähig, auch wenn die Investitionen insgesamt niedriger ausfallen als in der vorherigen Wahlperiode. Zudem wurde im Entschließungsantrag zum Haushalt festgeschrieben, dass Maßnahmen des Hochwasserschutzes und des Wassermanagements im Sachsenfonds prioritär zu behandeln sind. Das Handlungsprogramm „Zukunft Wasser – für Sachsen“ dient dabei ausdrücklich als inhaltlicher Bezugspunkt für diese Priorisierung. Für die kommunale Ebene ist vereinbart, die Mittel für die Unterhaltung der Gewässer II. Ordnung im nächsten Doppelhaushalt wieder mindestens auf dem Niveau von 2024 einzustellen. Trotz greifbrarer Erfolge bleibt der Gewässerschutz aus unserer Sicht in der aktuellen Haushaltsplanung aufgrund anderer Schwerpunktsetzung von CDU und SPD unterpriorisiert. Wir werden daher weiter dafür arbeiten, dass Renaturierung und natürlicher Hochwasserschutz verlässlich finanziert und planbar umgesetzt werden.
